Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2008; 43(4): 294-301
DOI: 10.1055/s-2008-1076613
Fachwissen
Topthema: Das akute Nierenversagen
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Antikoagulation bei der kontinuierlichen Nierenersatztherapie

Acute renal failure – Anticoagulation in continuous renal replacement therapyOrtrud Vargas Hein, Jürgen Birnbaum, Claudia Spies
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Publication Date:
14 April 2008 (online)

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Zusammenfassung

Für die Effektivität der kontinuierlichen veno–venösen Hämofiltration spielt die Antikoagulation eine zentrale Rolle. Das Gleichgewicht zwischen Blutungsgefahr und Erhalten der Effektivität der CVVHF erfordert bei kritisch kranken Patienten mit multiplen Komorbiditäten oft ein individuell und dynamisch durchdachtes Antikoagulationsregime. Bei blutungsgefährdeten Patienten setzt sich die Na–Zitrat–Antikoagulation als sichere und effektivere Alternative gegenüber dem Standard–Antikoagulans hochmolekulares Heparin und anderen alternativen Antikoagulanzien durch.

Abstract

Anticoagulation plays a pivotal role for the efficacy of continuous renal replacement therapy. The equilibrium between avoiding bleeding complications and keeping the system open considering patientsŽ multiple diseases demands an individual and dynamic reasoned anticoagulation regime. For patients at risk of bleeding citrate anticoagulation has shown high efficacy and lesser bleeding complications than the standard heparin or other alternative anticoagulants such as regional protamin–heparin–, prostaglandin–heparin–anticoagulation or no anticoagulation.

Kernaussagen

  • Die gesteigerte Thrombogenität beim Kontakt des Blutes mit extrakorporalen Verfahren ist fluss– und oberflächenabhängig.

  • Die Thrombingenerierung bei Blutkontakt mit Fremdoberflächen erfolgt auch über die Aktivierung von Monozyten, die Gewebethromboplastin enthalten, und nicht nur über das Kontaktsystem über FXIIa.

  • Beim kritisch Kranken müssen neben der Antikoagulation die plasmatische und die zelluläre Gerinnung des Patienten überwacht werden. Die Dosierung gerinnungshemmender Substanzen muss individuell an den koagulatorischen Zustand des Patienten angepasst werden.

  • Grundsätzlich sollte ein Basiswert der Gerinnung des nicht antikoagulierten Blutes bestimmt werden.

  • Zur Überwachung der Antikoagulation mit HMH sollte die aPTT bestimmt werden, zur Überwachung der Antikoagulation mit NMH die Anti–FXa–Aktivität.

  • Die regionale Na–Zitrat–Antikoagulation ist sehr effektiv und sicher bei blutungsgefährdeten Patienten.

  • Die Überwachung des Säure–Basen– und Elektrolyt–Haushaltes ist bei der Na–Zitrat–Antikoagulation unabdingbar.

  • Die HMH–Protamin–Antikoagulation für die CVVHF kann bei blutungsgefährdeten Patienten, bei denen ohne Antikoagulation gehäuft Hämofilterverschlüsse vorkommen, erwogen werden.

  • Bei autoantikoagulierten Patienten, insbesondere mit einer Thrombozytopenie, kann eine effektive CVVHF ohne Antikoagulation durchgeführt werden.

  • Niedrigdosierte Prostaglandine in Kombination mit niedrigdosiertem HMH senken die Blutungsgefahr bei erhaltener Effektivität der CVVHF.

Literatur

PD Dr. med. Ortrud Vargas Hein
Dr. med. Jürgen Birnbaum
Prof. Dr. med. Claudia Spies

Email: ortrud.vargas@charite.de

Email: juergen.birnbaum@charite.de

Email: claudia.spies@charite.de